Das 12. Jahrbuch des Instituts ist erschienen
nurinst 2024
Beiträge zur deutschen und jüdischen Geschichte
Schwerpunktthema: Jüdische Zeitungen und Autoren
Das Jahrbuch nurinst 2024 wird im Auftrag des
Nürnberger Instituts für NS-Forschung und
jüdische Geschichte des 20. Jahrhunderts e.V.
von Jim G. Tobias und Andrea Livnat herausgegeben.
Neuanfang nach der Shoa auf Hitlers Flugplatz
Das jüdische DP-Camp Ainring (Obb.) 1945-47
Der »schönste Gebirgsflughafen« in Ainring, wie die Nationalsozialisten den Fliegerhorst im Berchtesgadener Land nannten, wurde 1933/34 erbaut – als Landeplatz zur nahe gelegenen Residenz Adolf Hitlers auf dem Obersalzberg. Einige Jahre später entstand auf dem »Regierungsflughafen« für rund 1.000 Soldaten eine Luftwaffenkaserne mit Unterkünften, die jedoch von 1940 bis 1945 von der Deutschen Forschungsanstalt für Segelflug genutzt wurden. Ab Oktober 1945 dienten die Baracken als Erstaufnahmelager für bis zu 3.000 jüdische Flüchtlinge aus Osteuropa. Diese Menschen hatten in den NS-Lagern, im Untergrund, bei den Partisanen oder in der Sowjetunion überlebt und waren auf dem Weg nach Palästina oder Übersee. Für sie gab es in Europa keine Zukunft mehr.
Trotz der hohen Fluktuation entwickelte sich das Displaced Persons (DP) Camp Ainring zu einer autonomen jüdischen Stadt im Nachkriegsdeutschland. Die DPs bauten eine Volks- und Berufsschule auf, gründeten Sportvereine, errichteten eine Synagoge, eröffneten ein kleines Hospital und initiierten eine gewählte Selbstverwaltung. Diese etablierte eine eigene Polizei sowie eine Lagergerichtsbarkeit – es kam zu einer temporären Renaissance der fast vollständig vernichteten Kultur der osteuropäischen Juden im Land der Täter. weiterlesen
Angesichts der Ereignisse in Israel, den unfassbaren Massakern der Hamas, den Vergewaltigungen, Entführungen, Massenmorden und der damit verbundenen Hetze und Bedrohung gegen Jüdinnen und Juden weltweit (und auch angesichts der erschreckenden Empathielosigkeit und ideologischen Verbohrtheit vieler sich selbst als „links/liberal“ verstehender Menschen), ist es mehr als angezeigt, praktische Solidarität mit Israel und seinen Menschen zu leisten. Über israelische Freunde und Kollegen sind wir auf die Organisation OlamAid aufmerksam gemacht geworden, die u.a. ein Notfallprojekt für traumatisierte Überlebende der Hamas-Massaker gestartet hat. Bei aller Fassungs- und Hilflosigkeit vielleicht eine kleine Möglichkeit konkret zu helfen und nicht nur unser Mitgefühl zu bekunden. OlamAid e.V. IBAN DE77 1004 0000 0219 0189 01 BIC COBADEFFXXX Betreff: „Emergency Fund“ Am Israel Chai!
DP-Camp Pocking-Waldstadt
Zentrum der jüdischen Orthodoxie in Niederbayern
Zwischen 1946 und 1949 befand sich am Rande der niederbayerischen Kleinstadt Pocking das (nach Bergen-Belsen) zweitgrößte jüdische DP-Camp im Nachkriegsdeutschland und das größte in der US-amerikanischen Zone. Zeitweise über 8.000 Bewohner fanden Platz auf dem Gelände eines in den 1930er Jahren errichteten Fliegerhorsts. Neben dem Flugplatz und den Hangars waren dort rund 200 Baracken entstanden, die unter anderem eine Luftnachrichtenschule nutzte. Ab März 1945 war eine Außenstelle des Konzentrationslagers Flossenbürg an das Gelände angeschlossen. Hier wurden hunderte von Häftlingen untergebracht und für Bauarbeiten eingesetzt. Ein Großteil überlebte die Lebensbedingungen nicht. Weiterlesen
„Illegale jüdische Immigranten“
Die Internierungscamps auf Zypern 1946–49
Nach der Niederschlagung des Nationalsozialismus sahen die Überlebenden der Shoa für sich keine Zukunft mehr in Europa. Viele wollten nach Palästina, doch der jüdische Staat existierte noch nicht und die britische Mandatsmacht verhinderte die Immigration. Dennoch machten sich Zehntausende illegal auf den beschwerlichen Weg übers Mittelmeer: Nachdem sie nur knapp der Vernichtung entkommen waren, jahrelang in den DP-Camps in Deutschland, Österreich und Italien ausharren mussten, die Alpen überwunden und eine nicht ungefährliche Seereise in überfüllten Booten hinter sich hatten. Weiterlesen
P r e s s e m i t t e i l u n g zum Überfall Russlands auf die Ukraine Der verbrecherische Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine, den Putin mit der Begründung legitimiert, dass er in der Ukraine einen Völkermord an der russischsprachigen Bevölkerung verhindern müsse und damit die „Entnazifizierung“ des Landes einleite, stellt eine völlige Verzerrung der Realität dar. Die propagandistische Behauptung, es gebe einen Genozid in der Ukraine, verhöhnt Millionen von Shoa-Opfern – eine inakzeptable Verfälschung und Verharmlosung der NS-Verbrechen. Insbesondere die infamen Behauptungen des russischen Präsidenten Putin, die ukrainische Führung bestehe aus einer Clique von Nazis, sind unerträglich. Aufgrund des völkerrechtswidrigen Überfalls Russlands und der Bombardierung von zivilen Zielen, auch in unserer Partnerstadt Charkiw, hatte das Nürnberger Institut für NS-Forschung und jüdische Geschichte des 20. Jahrhunderts e.V. bereits 2022 auf ein Viertel der städtischen Jahresförderung (6.250 €) verzichtet und die Stadt Nürnberg gebeten, das Geld für die Unterbringung und Versorgung von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine und insbesondere aus Charkiw zu verwenden. Der Vorstand und die Mitgliederversammlung haben erneut beschlossen, wie in den letzten beiden Jahren, auch in 2024 auf 20 Prozent der städtischen Förderung (5.000 €), zu Gunsten der Ukrainehilfe zu verzichten und die Stadt gebeten, das Geld entsprechend umzuschichten. Das Nürnberger Institut steht an der Seite der Ukraine, unsere Solidarität gilt den Menschen, die von einem barbarischen Regime überfallen und terrorisiert werden. (aktualisiert) 31. März 2024
Hachschara als Lebenswelt junger Juden während des Nationalsozialismus und in der Nachkriegszeit
Der zionistische Terminus Hachschara (Hebräisch: Aufstieg) bedeutete in den Lebenswelten jüdischer Deutscher der 1930er Jahre bis zu dem Zeitpunkt ihrer Auswanderung oder Flucht eine vielfach erzwungene neue Biografie und den Beginn einer beruflichen Neuorientierung.
Andere zeitgenössische Begriffe wie Berufsumschichtung oder Berufsvorlehre waren gleichbedeutend mit einem Leben und Arbeiten in jüdischen Auswandererlehrgütern (Hachscharazentren), Lehrwerkstätten oder in einem Beth Chaluz. Die leitenden Akteure der Hachschara waren zumeist deutsche Zionisten, tätig für den Dachverband zionistischer Jugendorganisationen Hechaluz. Weiterlesen
Eine Auswahl von Beiträgen des Nürnberger Instituts in anderen Medien
2024 findet die Fußball-Europameisterschaft statt – leider konnte sich Israel nicht qualifizieren.
Es gibt zurzeit kaum jüdische Teams und Ligen. Das war einmal anders – z. B. in New York
Ab den 1930er Jahren bauten in der Metropole am Hudson Einwanderer aus ganz Europa, darunter auch viele jüdische Emigranten aus Deutschland, eine lebendige Fußballkultur auf, mit Teams wie etwa New World Club, Hakoah New York und Maccabi New York.
In the 1930s and 1940s, a lively soccer culture was supported in the New York City area by immigrants from all over Europe … Beitrag auf der Seite des Leo Baeck Institute New York/Berlin weiterlesen
Neubeginn im Land der Täter – Das erste jüdische Waisenhaus nach 1945
Nach dem Zweiten Weltkrieg organisierten zionistische Gruppen von Osteuropa aus Kindertransporte nach Palästina. Auf ihrer Reise ins Gelobte Land strandeten im Januar 1946 über 300 zumeist ungarische Kinder und Jugendliche in Ansbach. Beitrag auf BR2 anhören
Jüdischer Neubeginn auf dem Nazi-Bauernhof – Wie der Streicherhof zum DP-Lager wurde
Ausgerechnet das ehemalige Landgut des NSDAP-Frankenführers Julius Streicher, Herausgeber des antisemitischen Hetzblatts „Der Stürmer“, wurde ab 1945 Zufluchtsort für Überlebende der Shoa. Auf dem Pleikershof bei Fürth war bis 1948 ein Kibbuz untergebracht, hier bereiteten sich bis zu 150 Jüdinnen und Juden, sogenannte „Displaced Persons“, auf ihre Ausreise nach Palästina und ihre Zukunft im neuen Staat Israel vor. Beitrag auf BR2 anhören
Podcast:
NS-Massaker von Kortelisy – Schuld ohne Sühne
Am 23. September 1942 löschten Polizisten aus Nürnberg das ukrainische Dorf Kortelisy und seine Einwohner nahezu komplett aus. Zum 80. Jahrestag dieses Massakers produzierten wir, in Kooperation mit dem Radiojournalisten Thies Marsen, auf Basis unseres Archivmaterials ein Feature für den Deutschlandfunk Kultur. Den Podcast können Sie hier hören.
Am 13.10.2023 erschien der TAZ-Beitrag: Nürnberger Polizisten in der NS-Zeit: „Ganz normale Männer“
Wer mehr über die mörderischen Taten der Polizeikompanie Nürnberg wissen möchte, es gibt noch Restexemplare der Publikation
“Ihr Gewissen war rein; sie haben es nie benutzt”.
Die Verbrechen der Polizeikompanie Nürnberg
53 Seiten
5,80 € plus Versand
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Der Holocaust in Litauen: Die geheimen Notizen des Kazimierz Sakowicz
Ab 1941 begann in einem Waldstück nahe Wilna der NS-Massenmord an etwa 100.000 Menschen: polnische Widerstandskämpfer, sowjetische Kriegsgefangene, Jüdinnen und Juden. Der polnische Journalist Kazimierz Sakowicz wohnte unweit des Tatorts, dokumentierte akribisch auf Papierfetzen, was er sah. Erst vor gut 20 Jahren konnten die Aufzeichnungen entziffert werden. Beitrag auf BR2 anhören
Lachoudisch: Eine vergessene bayerische Sprache
In Schopfloch südwestlich von Nürnberg an der Grenze zu Baden-Württemberg sprachen viele Einwohner jahrhundertelang Lachoudisch. Seine Wurzeln hat Lachoudisch im Hebräischen, es ist also ein Zeugnis der reichhaltigen jüdischen Kultur, die es ab dem 12. Jahrhundert in Franken gegeben hat. Die letzten Jüdinnen und Juden von Schopfloch wurden in der Nazizeit vertrieben oder ermordet – doch ihre Sprache wird noch von einige Menschen vor Ort am Leben erhalten. Beitrag auf Deutschlandradio Kultur anhören
Fred Zinnemanns Film „Die Gezeichneten“ – Als jüdische Waisenkinder ihr Schicksal nachspielten
1947 drehte Fred Zinnemann in Bayern das Nachkriegsdrama „Die Gezeichneten“. Für die Kinderrollen wählte er jüdische Kinder aus Waisenhäusern aus. Diese griffen für ihre ergreifenden Szenen aus Erfahrungen aus erster Hand zurück. Beitrag auf Deutschlandradio Kultur anhören
Vor 75 Jahren: Urteile im Nürnberger Prozess: „Nürnberg war Recht und nicht Rache“
1946 ergingen die Urteile im Nürnberger Prozess. Den Hauptkriegsverbrechern des NS-Staates widerfuhr, was sie ihren Opfern versagten: Ein rechtsstaatliches Verfahren. Der Prozess war in vielerlei Hinsicht wegweisend. Beitrag auf Deutschlandradio Kultur anhören