Die Bedingungen in den Vernichtungs-, Konzentrations- und Arbeitslagern, in Ghettos, Verstecken und auf der Flucht hinterließen nach Kriegsende tausende jüdische Frauen, Männer und Kinder in geschwächtem, wenn nicht miserablem Gesundheitszustand. Die Überlebenden benötigten dringend ambulante und stationäre Behandlung.
Manche Leiden – wie Tuberkulose – brachen erst in oder nach der ersten Erholungsphase aus. Neben dieser häufig vorkommenden Infektion mussten u. a. Hepatitis, Typhus, Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems, der Haut, der Nerven sowie der inneren Organe geheilt werden. Infolge von Misshandlungen und Mangelernährung traten zudem massiv auf: Muskelschwund, Zahn- und Zahnfleischschäden, schnelle Ermüdbarkeit, Unruhe und Reizbarkeit, mangelnde Konzentrationsfähigkeit und Gedächtnisschwäche – um nur einige Beschwerden zu nennen.
Eine erste Versorgung erhielten die Menschen durch Sanitätseinheiten der alliierten Armeen. Viele jüdische Displaced Person Camps richteten eigene Ambulanzen, Krankenstationen oder -häuser und Sanatorien ein, die sie mit der Unterstützung des American Joint Distribution Committee, der Jewish Relief Unit und der Jewish Agency for Palestine betrieben. Das Benediktiner Kloster St. Ottilien in der Nähe der Stadt Landsberg sowie das ehemalige Luftwaffen-Sanatorium in Gauting im Landkreis Starnberg waren die ersten jüdischen Krankenhäuser im Nachkriegsdeutschland. Viele andere Kliniken und Sanatorien folgten, wie sie etwa in Bad Reichenhall, Feldafing, Bad Wörishofen, München, Bad Harzburg oder Belsen nachweisbar sind.
Wie wurde nun Diagnostik und Versorgung der Kranken in der Notsituation der unmittelbaren Nachkriegszeit gewährleistet? Wurden die körperlichen und seelischen Erkrankungen sowie soziale Aspekte nach der Genesung mitberücksichtigt? Gab es einheitliche programmatische gesundheitspolitische Zielvorstellungen?
Die Ergebnisse der Recherchen wurden in unserem Institutsjahrbuch nurinst 2012 veröffentlicht.