In diesem bayerischen Regierungsbezirk befanden sich in der unmittelbaren Nachkriegszeit drei jüdische Displaced Persons (DP) Camps, in Leipheim, Neu-Ulm und Lechfeld, sowie über zehn sogenannte Communities (DP-Gemeinden) etwa in Augsburg, Bad Wörishofen, Buchloe, Kaufbeuren, Kempten, Krumbach, Memmingen, Mindelheim, Schwabmünchen oder Türkheim. Im Jahr 1947 lebten allein in den drei genannten Camps rund 7.400, in den Gemeinden cirka 1.800 jüdische Menschen.
Die Tatsache, dass nach 1945 über 9.000 Juden in Bayerisch-Schwaben eine vorübergehende Heimat fanden, ist im öffentlichen Bewusstsein nicht verankert. Heute deutet nichts mehr auf die Anwesenheit dieser Menschen hin. Dank umfangreicher Aufzeichnungen der jüdischen DP-Selbstverwaltung, Korrespondenz und Statistiken der diversen Hilfsorganisationen, zeitgenössischen Fotografien und Berichten sowie Zeitungsartikel aus der jiddischen Presse, ist es jedoch möglich, einen detaillierten Blick in die Vergangenheit zu werfen. Diese Dokumente befinden sich in wissenschaftlichen Einrichtungen in Israel und den USA.
In den jüdischen Gemeinden und Camps kam es für kurze Zeit zu einer Wiedergeburt des osteuropäischen Judentums: Es entstanden eigene Schulen, Lehrwerkstätten, Sportvereine, Theater und Bibliotheken. Über den vielfältigen Neubeginn im Land der Täter berichtete die jiddisch-sprachige Zeitung A Hajm, deren erste Nummer im Februar 1946 im Lager Leipheim produziert und auf den Rotationen der Volksblatt-Druckerei in Günzburg gedruckt wurde.
Das DP-Camp Leipheim war als erstes jüdisches Lager in Schwaben im Dezember 1945 auf einem ehemaligen NS-Fliegerhorst eingerichtet worden. Im Januar 1946 lebten dort 2.900 Juden. Im Sommer 1946 verwandelte sich die Ludendorffkaserne in Neu-Ulm gleichfalls in eine DP-Unterkunft. Hier wurden etwa 1.800 Juden aus den überfüllten Lagern in Bad Aibling und München (Funkkaserne) einquartiert. Das letzte in Bayerisch-Schwaben errichtete DP-Camp, Lechfeld bei Augsburg, befand sich wie Leipheim auf dem Gelände eines Flugplatzes. Es wurde im September 1947 eröffnet und nahm Juden aus dem, an der bayerisch-Österreichischen Grenze gelegenen und zur Schließung vorgesehenen, Durchgangslager Ainring auf. Schon kurz nach der Eröffnung lebten in Lechfeld 2.800 jüdische Menschen.
Die größten DP-Communities befanden sich mit bis zu 470 Mitgliedern in Augsburg, gefolgt von Türkheim (360), Bad Wörishofen (350) und Memmingen (120). Manche Gemeinden zählten jedoch nur einige Dutzend Personen. Diese wurden deshalb zusammengelegt und bildeten Verbandsgemeinden, wie etwa Buchloe/Kaufbeuren/Schwabmünchen. Allen diesen jüdischen Gemeinschaften war jedoch eines gemein: Ihre Mitglieder waren in Häusern oder Wohnungen mit deutschen Nachbarn einquartiert. Die Zuweisung des Wohnraums erfolgte über die Militärverwaltung. Wenn nötig waren die deutschen Bewohner zuvor ausquartiert worden. Grundlage dieser Beschlagnahmeaktionen war eine Verfügung des US-Präsidenten Truman: „Wir müssen unsere Bemühungen, die Menschen von den Camps in anständige Häuser umzuquartieren, noch deutlich steigern. Diese Häuser sind von der deutschen Bevölkerung zu beschlagnahmen.“
Auch im damals nicht zum Regierungsbezirk Bayerisch-Schwaben gehörenden Lindau existierte eine jüdische Nachkriegsgemeinde. Die Stadt war ab 1945 der französischen Besatzungszone angegliedert und kehrte erst 1955 wieder zu Bayern zurück. Im Herbst 1946 lebten 40 Juden in Lindau. Zwei Jahre später wurden aufgrund der sowjetischen Blockade Berlins jüdische DPs aus dem französischen Sektor der Stadt in die französische Besatzungszone umgesiedelt. Dabei gelangten einige nach Lindau in ein Barackenlager im Ortsteil Zech.
Nach der Gründung des Staates Israel wurden die Camps nach und nach geschlossen, die Communities aufgelöst. Anfang der 1950er Jahre hatte die überwältigende Mehrheit der jüdischen DPs Deutschland verlassen.
Auf der 21. Tagung „Geschichte und Kultur der Juden in Schwaben“ in der Schwabenakademie Kloster Irsee gaben Mitarbeiter des Nürnberger Instituts im November 2009 einen ersten Einblick in dieses unbekannte Kapitel der schwäbischen Nachkriegsgeschichte.
Nach Abschluss des Forschungsprojektes, das in enger Kooperation mit der Schwabenakademie und der Bezirksheimatpflege Schwaben durchgeführt wurde, sind die Ergebnisse in einem Band der „Irseer Schriften“ unter dem Titel Nach der Shoa 2011 veröffentlicht worden.